Rede

Energiepreisexplosion: betroffene Gruppen zielgenau über sozialpolitische Maßnahmen auffangen

85. Plenarsitzung, 13. Juli 2022, TOP 65c): Aktuelle Stunde LINKE: Energiepreisexplosion (Drucksache 7/5762) 

[Hinweis: das gesprochene Wort kann abweichen]


Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen und Zuschauer*innen auf der Tribüne wie am Livestream,

zu den Ursachen der steigenden Energiekosten und zu den Herausforderungen, die zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit vor uns liegen, habe ich bereits in meiner vorherigen Rede einige Ausführungen gemacht. In dieser Aktuellen Stunde soll es um diejenigen Menschen und Haushalte gehen, die am stärksten unter den Auswirkungen der Energiepreissteigerungen leiden.

Zunächst muss man hier ehrlicherweise feststellen, dass leider davon auszugehen ist, dass die Gaspreise weiter steigen und die anderen energieabhängigen Preise zumindest auf einem hohen Niveau verbleiben werden. Für uns Bündnisgrüne ist deshalb klar, dass sich die daraus resultierende soziale Spaltung nicht weiter vertiefen darf und die Krise über sozialpolitische Maßnahmen aufgefangen werden muss.

Es ist absehbar, dass die 30 Milliarden aus den beiden Entlastungspaketen der Bundesregierung nicht ausreichen werden. Über die Wirksamkeit und die Zielgenauigkeit der einzelnen Maßnahmen aus den Paketen kann man durchaus geteilter Meinung sein. Unzutreffend sind aber pauschale Feststellungen, wie sie im Begründungstext zu dieser Aktuellen Stunde getroffen werden. Dort steht, dass weite Teile der Gesellschaft wie Rentner*innen oder Studierende von den Entlastungsmaßnahmen ausgeschlossen würden. Diese beiden Betroffenengruppen sind aber lediglich bei der einmaligen Energiepreispauschale von 300 Euro nicht anspruchsberechtigt, da diese an alle Steuerpflichtigen gerichtet ist. Ansonsten erstrecken sich die Maßnahmen wie bei der Abschaffung der EEG-Umlage oder dem 9-Euro-Ticket auf alle Bevölkerungsgruppen oder sie richten sich wie beim Heizkostenzuschuss zielgenau an bestimmte Gruppen wie in diesem Fall an Wohngeldempfänger und Studierende im Bafög-Bezug. Für zukünftig zu schnürende Pakete muss gelten, dass diese zielgenauer als bisher auf die besonders betroffenen Gruppen konzentriert werden.

Den Tankrabatt kann man dabei auch ohne Evaluierung schon jetzt als ein nicht ausreichend wirksames Instrument einstufen. Für den Verkehrsbereich bestünde eine sinnvolle Maßnahme hingegen darin, die Pendlerpauschale durch ein einkommensunabhängiges Mobilitätsgeld zu ersetzen.

Für den Strom- und Gasbereich wäre eine Preisgarantie für den Grundbedarf ein sehr wirksames Mittel, durch das insbesondere einkommensschwächere Haushalte entlastet werden könnten. Wir würden es jedenfalls sehr begrüßen, wenn dieses von den Gewerkschaften erst jüngst wieder ins Spiel gebrachte Instrument Eingang in das nächste Entlastungspaket finden könnte.

Zudem begrüßen wir den Vorschlag von Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke zu einem Moratorium von Strom- und Gassperren. Darüber hinaus hätten wir es ebenfalls für richtig und wichtig befunden, wenn am letzten Freitag die von Thüringen unterstützte Bundesratsinitiative für eine Übergewinnsteuer eine Mehrheit gefunden hätte. Die dringend notwendigen Entlastungsmaßnahmen hätten dann wenigstens zum Teil durch die Abschöpfung von krisenbedingten Gewinnen finanziert werden können.

Gut überlegt werden sollten allerdings die Vorschläge zur Einrichtung von Energiesicherungsfonds auf Landesebene. Hier muss es in erster Linie darauf ankommen, den Bund nicht aus seiner Verantwortung zu entlassen. Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden sollten auch regionale und kommunale Unternehmen über Hilfspakete von der Bundesebene unterstützt werden. Denn ansonsten ist zu befürchten, dass die wirtschaftsstärkeren Bundesländer solche Entlastungsprogramme vergleichsweise leichter schultern könnten als die Ostländer. Dies würde ebenfalls auf landespolitische Entlastungsmaßnahmen für Verbraucher*innen zutreffen, da die Anzahl der sozialpolitisch Anspruchsberechtigten in den Ostländern höher ist und die Westländer dadurch vergleichsweise auch noch geringere Ausgaben hätten.

Als Bündnisgrüne werden wir uns weiterhin für die dringend notwendigen Entlastungsmaßnahmen einsetzen. Diese müssen allerdings so ausgestaltet werden, dass sie effektiv und zielgerichtet für diejenigen wirksam werden, die es am Nötigsten haben. Maßnahmen mit Gießkannencharakter, die zu unerwünschten Mitnahmeeffekten führen sind dringend zu vermeiden.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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