Pressemitteilung

Analyse zeigt Handlungsbedarf bei Umsetzung der Istanbul-Konvention | Schutz Betroffener in Umgangs- und Sorgerechtsverfahren sicherstellen

Heute hat das Deutsche Institut für Menschenrechte seine Analyse zur aktuellen Rechtslage, Reformbedarfen und -vorschlägen für einen umfassenden Gewaltschutz von Betroffenen in Hinblick auf die Umsetzung der Istanbul-Konvention vorgestellt. Dazu erklärt Laura Wahl, gleichstellungs- und frauenpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag: „Bis zur vollumfänglichen Umsetzung der Istanbul-Konvention ist es noch ein weiter Weg. Die veröffentlichte Analyse zeigt, dass der Rechtsrahmen in Umgangs- und Sorgerechtsverfahren zum Schutz der Betroffenen und ihrer Kinder nicht ausreichend ausgeschöpft wird. In Fällen häuslicher Gewalt muss der Fokus besonders auf dem Schutz des Kindes und des von Gewalt betroffenen Elternteils liegen. Immer wieder kommt es jedoch vor, dass gewaltbetroffene Mütter durch Familiengerichte in den Umgangskontakt mit dem gewalttätigen Expartner gezwungen werden. Es kann nicht sein, dass der gewaltbetroffene Elternteil dafür in die Verantwortung genommen wird, ein harmonisches und ungestörtes Verhältnis zwischen Täter*in und Kind zu gewährleisten, während diese*r teilweise keinerlei Verantwortung für das Gewaltverhalten übernehmen muss. Das muss sich ändern, denn dem Kindeswohl muss Vorrang vor dem Umgangsrecht gewährt werden. Das schließt auch die Erleichterung zur Übertragung der Alleinsorge bei getrennt lebenden Eltern mit ein.“

„Die Vorgaben der Istanbul-Konvention gelten auch für das Familienverfahrensrecht. Wir sind der Autorin der Analyse dankbar, denn diese arbeitet zentrale Schutzlücken in Bezug auf die Situation von Betroffenen häuslicher Gewalt in Umgangs- und Sorgerechtsverfahren heraus. Sie macht Vorschläge in Hinblick auf die Anpassung der Regelvermutung und der Wohlverhaltensklausel. Wenn wir die Gewaltschutzinteressen der Kinder und des gewaltbetroffenen Elternteils ernst nehmen, braucht es diese Anpassungen. Parallel dazu braucht es Gewaltprävention sowie flächendeckende Schutz- und Beratungsstrukturen“, schließt Wahl.

Hintergrund: Seit November 2022 ist das Deutsche Institut für Menschenrechte von der Bundesregierung mit einer kontinuierlichen und unabhängigen innerstaatlichen Berichterstattung zur Umsetzung der Istanbul-Konvention (dem „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“) betraut. Heute wurde die Analyse „Häusliche Gewalt im Umgangs- und Sorgerecht“, der Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt des Deutschen Instituts für Menschenrechte, veröffentlicht: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detail/haeusliche-gewalt-im-umgangs-und-sorgerecht Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat in den letzten Jahren mehrere Fachkongresse und Veranstaltungen zum strukturellen Problem häuslicher Gewalt veranstaltet. Daraus entstanden ist ein Maßnahmenpapier der Fraktion, mit Forderungen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention.


Bild: Paul-Philipp Braun

Antworten