Publikation

Konzept für ein Mobilitätsgesetz in Thüringen

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag hat RegioConsult beauftragt, ein Konzept für ein Thüringer Mobilitätsgesetz zu erstellen und in einem ersten Schritt einen Rahmen und Regelungsinhalte vorzuschlagen. Mit einem Mobilitätsgesetz für Thüringen wollen wir gesellschaftlich breit geteilte Positionen zusammenführen, die ebenfalls im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag verankert sind: Dazu gehören die Vision Zero, aber auch die Steigerung der Attraktivität von Rad- und öffentlichem Verkehr, die Einführung einer Mobilitätsgarantie und mehr Güter auf die Schiene zu bringen. Ein Gesetz kann über regulatorische Grenzen der einzelnen Fortbewegungsmittel hinaus Mobilität ganzheitlich und an gesellschaftlichen Zielen orientiert denken und ist dabei deutlich verbindlicher als Konzepte oder Strategiepapiere.

Folgende Eckpunkte haben wir vorgegeben:

  • Ausrichtung an Klimaschutzzielen (Bündnisgrüne Forderung: Thüringen klimaneutral bis 2040)
  • Vorrang umweltfreundlicher Mobilität
  • Förderung von Verkehrssicherheit („Vision Zero“)
  • Öffentliche Mobilitätsgarantie unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Studie von KCW und PROVIZ (16.11.2020):  „Mobilitätsgarantie Thüringen“ sowie des Integralen Taktfahrplans
  • Verbindliche Ausbauziele für Radverkehrsinfrastruktur (mit finanzieller Förderung)
  • Reduzierung des Flächenverbrauchs auf Nettonull durch aktives Flächenrecycling
  • Erhöhung der Aufenthaltsqualität von Straßen und Plätzen bei Um-/Neugestaltung
  • Priorität: Straßenerhalt, Neubau nur in Ausnahmefällen
  • Fahrpläne, Tarife und Echtzeitdaten flächendeckend als Open Data

Hintergrund:

Berlin ist bisher erstes und einziges Bundesland, das ein Mobilitätsgesetz eingeführt hat. In Brandenburg hat am 5.9.2023 das Kabinett dem Entwurf zum Brandenburger Mobilitätsgesetz zugestimmt. Das Gesetz ist aber noch nicht verabschiedet. Nahmobilitätsgesetze gibt es mittlerweile in Rheinland-Pfalz (seit 2021), Nordrheinwestfalen (seit 2022) und Hessen (seit 2023), die sich auf den ÖPNV (RLP) bzw. den Rad- und Fußverkehr (HE, NRW) fokussieren.

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse:

  • Das vorliegende Konzept besteht aus mehreren Abschnitten: im ersten Abschnitt geht es um die allgemeinen Ziele zur Gewährleistung der Mobilität in Thüringen, die folgenden Teile widmen sich dem Öffentlichen Personennahverkehr, Radverkehr, Fußverkehr, neuer Mobilität und intermodalen Angeboten, dem Wirtschaftsverkehr sowie der Digitalisierung.
  • Ziel des Gesetzes: gesetzlicher Vorrang der umweltfreundlichen Mobilität
  • Das Mobilitätsgesetz verankert als Rahmengesetz Ziele und Prinzipien der Mobilitäts- und Verkehrspolitik.
  • Mit dem Mobilitätsgesetz werden neue Grundlagen für die Finanzierung von nachhaltiger Mobilität geschaffen. Zusätzlich wird eine klare Priorisierung von Maßnahmen vorgeschrieben: Vorrang vom Umweltverbund und bei Straßen Erhalt vor
    Ausbau.
  • Einführung eines verbindlichen Monitorings zur Zielerreichung, z.B. im Radverkehr die Verdopplung des Anteils am Modal Splits auf 15% bis 2030 und regelmäßige Fortschrittsüberprüfung
  • Durch das Mobilitätsgesetz sollen Planwerke unterschiedlicher Zielsetzungen wie der Nahverkehrsplan, der Integrale Taktfahrplan, das Radverkehrskonzept Thüringen aufeinander abgestimmt werden. Zudem soll geregelt werden, wie Konflikte zwischen konkurrierenden Planungen gelöst werden können.
  • Das Mobilitätsgesetz denkt Verkehrssicherheit und Barrierefreiheit verkehrsmittelübergreifend und integriert.
  • Für alle Verkehrsmittel, also auch für den Fußverkehr, soll der Netzgedanke gestärkt und entsprechende Pläne erstellt werden.
  • Mit dem Mobilitätsgesetz können nicht nur infrastrukturelle Voraussetzungen für die Mobilitätswende vorangetrieben, sondern auch sozial-räumliche Aspekte wie Aufenthaltsqualität oder Mobilitätsbildung gestärkt werden.
  • Das Konzept setzt erste Leitlinien und dient als Aufschlag für die weitere Diskussion.

Download

Konzept für ein Mobilitätsgesetz in Thüringen