Rede

Mehr Transparenz in der parlamentarischen Arbeit

“Wenn wir also Partizipation und das Interesse an unserer Demokratie steigern wollen, dann ist die Öffentlichkeit von Ausschüssen hierfür unabdingbar – und das gilt für die kommunale wie auch die Landesebene.”

13. November 2020

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer am Livestream,

wir alle hatten sicherlich schon Situationen, in denen Entscheidungen gefällt wurden, die uns geärgert haben. Nehmen wir das Beispiel, dass der zentrale Platz in unserer Stadt oder Gemeinde umgestaltet wird. Und dann fragt man sich: warum sind an dieser prägnanten Stelle Parkplätze hingekommen, statt Platz für Kinder, Cafes oder Stadtgrün zu schaffen? Oder vielleicht auch: warum sind an diesem zentralen Ort eigentlich keine Parkplätze geschaffen worden?

Und wenn man den Hintergrund der Entscheidung nicht kennt, ist der Frust erst mal groß. Doch wenn dann die Stadtverwaltung anfängt ihre Gründe zu erläutern, über rechtliche Vorgaben, Leitungen im Untergrund oder welche Gründe auch immer, wird meist nachvollziehbar, warum sie sich für diese oder jene Variante entschieden hat. Transparenz ist ein ganz zentrales Moment, damit Entscheidungen verständlich werden. Und das gilt ganz selbstverständlich auch für das Herzstück unserer Demokratie, das Parlament.

Transparenz als zentrales demokratisches Element

Transparenz  ist ein ganz wichtiges Element der parlamentarischen Arbeit. Sie macht es möglich, dass alle den Entscheidungen im Parlament beiwohnen und nachvollziehen können, wie und warum diese Entscheidungen dort getroffen werden. Transparenz ist nicht nur am Ende des Entscheidungsprozesses wichtig, wenn der Landtag über ein Thema oder eine konkrete Maßnahme abstimmt, sondern von Beginn dieses Prozesses an, wenn Themen und Probleme ausführlich analysiert, erläutert und diskutiert werden. In den Ausschüssen geschieht die wichtige Detail- und Sacharbeit. Hier wird an den Gesetzentwürfen gearbeitet, die am Ende alle Bürger*innen betreffen. Deswegen ist es wichtig, die Öffentlichkeit der parlamentarischen Arbeit nicht nur für Plenarsitzungen, sondern gerade auch für die Ausschüsse des Landtags zu sichern.

Bereits die erste Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier im Thüringer Landtag hat sich in den 90er Jahren für die Öffentlichkeit der Ausschüsse stark gemacht. Weil es ein Grundsatz der Demokratie ist, dass Bürger*innen an den wichtigen Entscheidungen, die in diesem Land getroffen werden, teilhaben und diese nachvollziehen können.

Wir Bündnisgrüne plädieren deshalb für eine Veränderung des jetzigen Verfassungstextes. Wir wollen möglich machen, dass auch die Ausschüsse des Landtags grundsätzlich öffentlich tagen. In vielen Bundesländern ist das bereits seit Jahren gelebte parlamentarische Praxis, die sich bewährt hat.  Als Demokrat*innen sollten wir nicht die Öffentlichkeit scheuen und auch nicht die Auseinandersetzungen, die damit entstehen können. Wir sollten sie suchen! Ziel muss es sein, möglichst viele Bürger*innen mit unserer Arbeit zu erreichen und wichtige Informationen allen zugänglich zu machen.

Gerade interessierte Bürger*innen melden uns immer wieder zurück, dass es für Frust sorgt, wenn sie Dinge nicht nachvollziehen können. Gerade auf kommunaler Ebene – und das erlebe ich als Stadträtin regelmäßig – gibt es Interessensgruppen, die gerne Ausschussitzungen zu ihnen wichtigen Themen verfolgen möchten, aber nicht dürfen. Oder viel schlimmer: sie bekommen nicht einmal mit, dass sie betreffende Themen diskutiert werden, weil bereits die Einladung mit den zu besprechenden Tagesordnungspunkten öffentlich nicht einsehbar ist. Wenn wir also Partizipation und das Interesse an unserer Demokratie steigern wollen, dann ist die Öffentlichkeit von Ausschüssen hierfür unabdingbar – und das gilt für die kommunale wie auch die Landesebene.

Ausnahmen vom Grundsatz der Öffentlichkeit

Freilich gibt es auch Informationen, die vielleicht nicht gleich auf Twitter oder in der Zeitung stehen sollten. Deshalb sieht unser Gesetzesvorschlag auch Fälle vor, bei denen die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden kann. Denn man muss die Realität anerkennen, dass es auch andere Rechtsgüter gibt, die mit der Transparenz kollidieren können. Es kann um die Grundrechte Dritter gehen, darunter das Persönlichkeitsrecht und das Recht auf die Privatsphäre. Es kann aber auch um andere öffentliche Interesse gehen, die in bestimmten Fällen höherrangig sein können als das Interesse an breiter Transparenz. Hier kann beispielsweise der Erfolg von Ermittlungsarbeit oder der Schutz finanzieller Interessen des Freistaats in Fragen des Vergaberechts erwähnt werden.

Es ist uns als Bündnisgrüne wichtig zu betonen: Wir suchen keine weite oder enge Auslegung, sondern eine angemessene Klausel, die alle Interessen und Aufgaben parlamentarischer Arbeit berücksichtigt. Es freut uns deshalb, dass eine Formulierung gefunden worden ist, die endlich festhält dass die Öffentlichkeit der Ausschüsse als allgemeiner Grundsatz gilt, aber eben auch mit guter Begründung Ausnahmen zulässt.

Sehr geehrte Kolleg*innen, lassen Sie uns gemeinsam einen wichtigen Schritt für die Demokratie im Freistaat gehen und den Bürger*innen das Signal senden: Wir nehmen euch ernst und wir wollen, dass Ihr unsere Entscheidungen nachvollziehen, aber auch kritisieren können. Das kann auch uns Abgeordneten helfen, durchdachtere Entscheidungen zu treffen. Und dagegen kann ja nun nichts einzuwenden zu sein.

Vielen Dank.

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