Rede

Equal Pay Day – Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

10.03.2021

dieses Jahr fällt der Gender Pay Gap auf den 10. März und bietet sich daher für eine aktuelle Stunde gut an. Der unbereinigte Gender Pay berechnet die Differenz zwischen dem Bruttoverdienst von Männern und von Frauen. Für ganz Deutschland liegt diese Lohnlücke aktuell bei ca. 18 Prozent. Würden Männer und Frauen denselben Lohn erhalten, dann wäre morgen gesamtgesellschaftlich gesehen also der erste Tag in diesem bereits seit einigen Wochen währenden Jahr, an dem Frauen anfangen für ihre geleistete Arbeit auch Geld zu erhalten.

In Thüringen, muss man immerhin anerkennen, hätten wir den  Equal Pay Day schon am 18. Januar ausrufen können. Denn hier liegt die unbereinigte Lücke bei 5 Prozent. Diese viel kleinere Lücke klingt erst mal gut. Der bittere Fakt, der hier allerdings auch dazu gehört, ist dass das allgemein niedrigere Lohnniveau in Thüringen auch die Geschlechterlücke niedriger ausfallen lässt. Hier gibt es keine großen Dax-Unternehmen und weniger Produktionsstandorte, die tendenziell auch höheren Lohn zahlen.

Ein ständiges Argument gegen den unbereinigten Gender Pay Gap, das wir sicher auch heute wieder zu hören bekommen, ist dass „allein der Blick auf diese eine Zahl jedoch wenig Sinn habe, da der Lohnunterschied viele Ursachen haben kann“ wie das Institut der Deutschen Wirtschaft z.B. schreibt. „Demnach wäre die Lohnlücke deutlich geringer, wenn sich Frauen und Männer unter anderem bei der Berufs- und Branchenwahl, dem Beschäftigungsumfang und der Vertretung in Führungspositionen nicht unterscheiden würden.“ In anderen Worten: Die Frauen, die sind ja einfach zu dumm, den richtigen Beruf zu ergreifen.

Ein Blick auf den Gender Pension Gap zeigt, warum solche individualisierten Annahmen ungerecht sind. Der Gender Pension Gap, der die Unterschiede bei der Rente berechnet, beträgt in Gesamtdeutschland nämlich sogar ganze 46 Prozent. Das kommt daher, dass sich Auszeiten und ein niedriger Lohn aufs ganze Leben gerechnet noch viel erheblicher auswirken.

Und nun machen wir doch mal das Gedankenexperiment, wir würden uns eine Gesellschaft  neu ausdenken. Und angenommen, man würde wirklich zwei binäre Geschlechter einführen, was zwar in der Realität so nicht existiert, aber den Vergleich erleichtert. Dann würden wir doch natürlich wollen, dass Männer und Frauen, die in ihrem ganzen Leben morgens aufgestanden sind und tagsüber etwas für die Gesellschaft geleistet haben, am Ende das Gleiche bekommen. Und es wäre eigentlich zweitrangig, ob dies Kindererziehung, Verkauf oder Handwerk war.

Denn auch Menschen, die sich um Kindererziehung kümmern, haben jede Menge Arbeit verrichtet. Allein, weil im kapitalistischen Wirtschaftssystem bestimmte Arbeiten als wertvoll angesehen werden, werden diese gut bezahlt und andere nicht.

Angesichts des Equal Pay Days sollte man auch darüber nachdenken, warum Mutter werden eigentlich fast immer mit finanziellen Einbußen verbunden ist. Auf der einen Seite heißt es immer, Kinder wären ja für die Gesellschaft so wichtig, aber auf der anderen Seite werden keine Strukturen geschaffen, die berufliche Nachteile durch Schwangerschaft wirklich ausgleichen. Die Mutterrolle wird mit Lohnabschlägen bestraft. Kompetenzen, die Mütter erwerben, zählen wenig. Wenn Männer dagegen eine kleine Auszeit nehmen für die Kinderbetreuung, wirkt sich das positiv aus – bei der Karriere und beim Lohn. Das ist alles andere als gerecht.

Auch beim bereinigten Gender Pay Gap, bei dem vergleichbare Tätigkeiten und Leistungsgruppen und äquivalente Qualifikationen  herangezogen werden und  der in Thüringen 2018 5,7 Prozent betrug, wird immer wieder angeführt, dass dieser noch geringer ausfallen würden, wenn z.B. auch Auszeiten aus der Erwerbsbiographie noch mit einberechnet würden. Das wird dann so dargestellt, als wären Auszeiten ein legitimer Grund, dass Frauen im gesamten Erwerbsleben weniger Lohn erhalten. Allerdings offenbaren sich eben genau hier die strukturellen Unterschiede. Warum haben denn Frauen mehr Auszeiten? Bei Schwangerschaften lässt sich das schwierig aufteilen, aber auch die Pflege und Betreuung von Eltern fällt immer noch oft Frauen zu. Ich finde, dass eine gleichberechtige Gesellschaft eine wäre, in dem gesamtgesellschaftlich es keine strukturellen Unterschiede in der Rente von Menschen gibt. Schwierig ist am bereinigten Pay Gap auch, dass Betriebe mit weniger als 10 Beschäftigten hier nicht reinzählen. Denn insbesondere kleine Betriebe haben oft keine Tarifbindung und das Entgeltransparenzgesetz kommt hier überhaupt nicht zum Tragen.

Wir müssen also ran an faire Arbeitsbedingungen, mehr Tarifbindung und eine gerechte Verteilung von Care-Arbeit und das nicht nur am Equal Pay Day!

Herzlichen Dank!

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