Rede

Recht auf Schutz vor Lärm

“Es sollte doch in unser allem Interesse sein, dass in besonders stark von Motorradlärm betroffenen Orten ein Interessenausgleich stattfinden kann und dazu die Möglichkeit für Gemeinden geschaffen wird, die Verkehrszeiten für Motorräder an Sonn- und Feiertagen etwas einschränken zu können, damit zum Beispiel die Mittagsruhe gewahrt bleibt”

12.03.2021

Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen hier im Saal wie auch am Livestream,

manchmal ist es schon zum Verzweifeln. Da fasst der Bundesrat mit breiter Mehrheit aus allen Farben einen vernünftigen Beschluss. Und die FDP Thüringen hat nichts Besseres zu tun als Spin-Doctor zu spielen und zu versuchen einen Generallangriff auf alle Motorradfahrende heraufzubeschwören. Die Wahrheit sieht jedoch gänzlich anders aus, als Sie es hier suggerieren.

Um was ging es wirklich bei diesem Bundesratsantrag vor fast einem Jahr?

Das Ziel der Bundesratsinitiative war es, den Kommunen die Möglichkeit zu geben, Einschränkungen für Motorräder zu beschließen, wohlgemerkt -örtlich und zeitlich beschränkte- Einschränkungen. Bislang ist dies lediglich in Kurorten oder vor Krankenhäusern möglich. In allen anderen Orten gibt es aktuell keine Möglichkeit für den Gemeinderat, beruhigend in den Verkehr einzugreifen. Doch auch die Anwohner*innen dort haben das Recht auf Schutz vor Lärm.

Lärm ist noch immer ein unterschätzter Krankheitsfaktor. Laut Umweltbundesamt fühlen sich 75 Prozent aller Deutschen vom Verkehrslärm in ihrem Wohnumfeld beeinträchtigt. Schwerwiegende Gesundheitsprobleme beim Menschen können auf Lärm zurückgeführt werden – etwa Tinnitus und Herzerkrankungen. Die WHO schätzt, dass die hohe Geräuschkulisse jedes allein in Westeuropa für Jahr für 1,6 Millionen verlorener gesunder Lebensjahre verantwortlich ist. Das, meine Damen und Herren, ist der ultimative Verlust von Freiheit.

Trotz dieser Dramatik muss man natürlich auch mit dieser Situation angemessen umgehen. Denn niemand will Freiheiten hier unangemessen einschränken oder gar jemanden vorverurteilen, wie die FDP dem Bundesrat im vorliegenden Antrag unterstellt. Dessen Beschluss zielt gerade nicht auf ein generelles Motorradfahrverbot an Sonn- und Feiertagen ab. Es geht dem Bundesrat um besonders belastete Straßen, für die kein milderes Mittel gefunden werden kann. Und es geht um die Möglichkeit, dass vor Ort darüber entschieden werden kann. In ihrem Antrag klingt es stattdessen so, als ob zentral ein generelles Verbot beschlossen werden solle. Das ist eine unverantwortliche Verdrehung der Tatsachen. Sie von der FDP betreiben hier einmal mehr ein unverantwortliches Framing.

Es sollte doch in unser allem Interesse sein, dass in besonders stark von Motorradlärm betroffenen Orten ein Interessenausgleich stattfinden kann und dazu die Möglichkeit für Gemeinden geschaffen wird, die Verkehrszeiten für Motorräder an Sonn- und Feiertagen etwas einschränken zu können, damit zum Beispiel die Mittagsruhe gewahrt bleibt. Interessiert Sie das wirklich nicht? Was sagen denn ihre Kommunalpolitiker*innen in betroffenen Orten dazu?

Nun zu den anderen Punkten im Antrag:

Natürlich muss die Polizei angemessen kontrollieren und braucht dafür die notwendige Ausrüstung. Nach meiner Information hat sie die auch und tut sie das aber auch.

Und natürlich sollte der Schutz bei Unfällen optimiert werden – auch durch Unterfahrschutzvorrichtungen an Leitplanken. Aber wir können vermutlich auch nicht alle Straßen mit Leitplanken versehen. Deshalb sind Rüttelstreifen zur Temporegulierung aus unserer Sicht ein ebenso wichtiges Mittel zur Vermeidung oder Linderung von Unfällen.

Aber ganz ehrlich: Mit solchen Forderungen wollen sie offensichtlich ihrem Kernanliegen nur einen sachlichen Anstrich geben. Was sie mit diesem Antrag hauptsächlich formulieren, sind falsche Unterstellungen und eine komplett verdrehte Interpretation des Bundesratsbeschlusses.

Ich hatte daher ja gehofft, dass Sie uns diese Lebenszeitverschwendung ersparen, da das Thema mittlerweile auch alles andere als aktuell noch ist.

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