Heute beschloss die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gleichzeitig mit den Gremien der Koalitionspartner sowie der CDU den gemeinsamen Antrag, der eine umfassende Reform der Thüringer Verfassung darstellt. Laura Wahl, verfassungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, erklärt dazu: „Nach einem Jahr intensiver Arbeit im Verfassungsausschuss befinden wir uns nun endlich auf der Zielgeraden. Mit dem Antrag nehmen wir wichtige Neuerungen in allen Bereichen der Verfassung auf: Bei den Grundrechten, mit neuen Staatszielen sowie in der Staatsorganisation. Mit Aufnahme des Nachhaltigkeitsprinzips in Art. 41 b schreiben wir fest, dass Nachhaltigkeit in allen Lebensbereichen Grundlage jeglichen staatlichen Handelns sein muss. Damit werden die UN-Nachhaltigkeitsziele handlungsleitend und Ressourcenschutz zum umfassenden Prinzip staatlichen Handelns – in Zeiten der Klimakrise eine längst überfällige Änderung. Darüber hinaus verankern wir mit diesem Absatz erstmals das Prinzip der Generationengerechtigkeit in der Thüringer Verfassung. Dies ist auch Eigenverpflichtung an uns Politiker*innen bei Entscheidungen immer auch die Auswirkungen auf die Zukunft mitzudenken. In einer Zeit, in der die Regierungen kaum aus dem Ad-Hoc-Handeln herauskommen, ein wichtiges Signal!“
„Mit der Änderung in Art. 2 Abs. 4 nehmen wir eine wichtige Verankerung der Rechte von Menschen mit Behinderungen wahr. Thüringen verabschiedet sich mit dieser Verfassungsreform von einem Schutzparadigma, das auf eine Bevormundung dieser Menschengruppe abzielte, und entscheidet sich für Inklusion und Selbstbestimmung als neuen Maßstab“, so Wahl weiter.
Zur Konnexitätsregelung sagt Laura Wahl: „Uns war und bleibt wichtig, unsolidarische Lösungen zu vermeiden, die den finanzärmeren Kommunen das Geld kürzen und dieses mit der Gießkanne verteilen. Mit der Änderung schreiben wir die kommunenfreundliche Rechtsprechung des Verfassungsgerichts fest und sorgen für größere Transparenz und Planungssicherheit für die Kommunen.“
Dem Gesetzgeber bleibt bis zum 1. Januar 2023 die Zeit, ein Konnexitätsausführungsgesetz zu verabschieden. Der Verfassungsausschuss des Landtags wird bis Ende Mai eine weitere Anhörungsrunde abhalten, bevor die Reform im Juni ins Plenum kommen wird.
Hintergrund:
Die Verfassungsänderung nimmt im Bereich der Grundrechte den Tatbestand der Altersdiskriminierung in Art. 2 Abs. 2 und einen Wechsel vom Fürsorge- zum Selbstbestimmungsparadigma in Art. 2 Abs. 4 auf. Als neuer Abschnitt „gesellschaftlicher Zusammenhalt“ werden als neue Staatsziele in Art. 41 a) bis c) die Förderung des Ehrenamts, Nachhaltigkeit und gleichwertige Lebensverhältnisse verankert. Außerdem wird als 44a ein Bekenntnis zu den internationalen Menschenrechtsabkommen aufgenommen. Last, but not least, werden im Rahmen des Staatsorganisationsrechtes die elektronische Verkündung in Art. 85 Abs. 1 und die Festschreibung des Konnexitätsprinzips in Art. 93 Abs. 1 ThürVerf aufgenommen.
Download: Änderungsantrag Verfassungsreform