Rede

9-Euro-Nachfolgeticket

89. Plenarsitzung, 21.09.2022, TOP 29g): Aktuelle Stunde: 9-Euro-Nachfolgeticket (Drucksache 7/6331)


Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen und Zuschauer*innen am Livestream,

wir haben es zur letzten Aktuellen Stunde für heute geschafft! Und auch wenn die Zeit fortgeschritten ist, ist das Thema kein Unwichtiges. Denn es soll darum gehen, wie die erfolgreichste und populärste Maßnahme aus dem zweiten Entlastungspaket auch hier in Thüringen fortgeführt werden kann – ich spreche vom 9-Euro-Ticket.

Über alle Erwartungen hinaus konnten in den drei vergangen Sommermonaten bundesweit sage und schreibe 52 Millionen Tickets verkauft werden. Viele Millionen Menschen konnten so spürbar entlastet werden und extrem kostengünstig mobil sein. Auch auf den Klimaschutz hat sich das Ticket positiv ausgewirkt: So ist nach ersten Auswertungen ein deutlicher Verlagerungseffekt vom Auto auf den klimafreundlichen Nahverkehr nachweisbar. Und sogar die Autofahrenden profitierten, indem sich in Städten teilweise die Stauzeiten reduziert haben.

Der Feldversuch 9-Euro-Ticket bestätigt also deutlich: durch ein preisgünstiges und ein einfach verständliches Tarifsystem wird der öffentliche Nahverkehr so attraktiv, dass viele Menschen auf diesen umsteigen wollen. Und das müssen wir fortführen!

Wir als Bündnisgrüne wollen die klima- und sozialpolitisch positiven Erfahrungen aus dem 9-Euro-Ticket deshalb verstetigen und setzen uns dafür ein, schnellstmöglich ein Nachfolgeticket anzubieten. Im Entlastungspaket 3 der Bundesregierung findet sich dafür schon mal ein Ansatz. Der Bund will 1,5 Mrd. Euro zur Verfügung stellen. Die Länder sollen dieses Angebot in der gleichen Höhe kofinanzieren.

Dazu hat die Konferenz der Verkehrsminister*innen am Montag einen einstimmigen Beschluss gefasst. Darin erklären sich die Verkehrsminister*innen der Länder bereit, ein 9-Euro-Nachfolgeticket auf den Weg zu bringen. Gleichzeitig machen sie zurecht deutlich, dass endlich die im Koalitionsvertrag der Ampel vereinbarte Erhöhung der Regionalisierungsmittel ab 2022 in diesem Jahr auch noch umgesetzt werden muss. Diese Vereinbarung muss der Bundesverkehrsminister endlich erfüllen!

Darüber hinaus sind auch die Verkehrsunternehmen in der aktuellen Lage von den Energiekostensteigerungen massiv betroffen. Noch nicht bewältigt sind die Auswirkungen der Fahrgasteinbrüche aufgrund der Corona-Pandemie. Daher muss allen klar sein: Es stellt die Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger gerade vor enorme Herausforderungen, überhaupt den Status Quo zu halten.  Deshalb ist der Beschluss der Verkehrsministerkonferenz auch richtig und dringend notwendig, die Regionalisierungsmittel zum Ausgleich der Energiepreissteigerungen dieses und nächstes Jahr zusätzlich um 1,65 Milliarden Euro zu erhöhen.

Diese berechtigten Forderungen an den Bund dürfen aber nicht bedeuten, die Verantwortung für die Etablierung eines Nachfolgetickets allein auf diesen abzuschieben. Wir müssen auch in Thüringen unseren Beitrag leisten und dazu bereit sein, einen finanziellen Anteil an den Kosten zu übernehmen. Bei positiven Verhandlungen zwischen Bund und Ländern könnte der Anteil Thüringens für das Nachfolgeticket etwa in der Höhe der jährlichen Ausgaben für das Azubi-Ticket liegen, das es dann wahrscheinlich nicht mehr bräuchte. Die tatsächliche Belastung für den Landeshaushalt könnte also überschaubare Ausmaße annehmen. Dem gegenüber stünde ein Ticket, mit dem Menschen in Thüringen endlich landesweit unkompliziert und günstiger als heute unterwegs sein könnten.

Ganz klar ist aber, dass ein solches preisgünstiges und einfaches Tarifsystem seine Wirkung nur dann entfalten kann, wenn es mit einem deutlichen Ausbau des Angebots von Bus, Bahn und Straßenbahn verbunden wird. Ohne eine gleichzeitige Angebotsoffensive wird das Nachfolgeticket ins Leere laufen. Die jahrzehntelange Unterfinanzierung des öffentlichen Verkehrs muss endlich ein Ende haben.

Das hat übrigens auch der an alle Landtagsabgeordneten verschickte Brief der Verkehrsverbände MDO und VDV vor zwei Wochen mehr als deutlich gemacht. Dieser ist eben nicht nur an den Bund, sondern auch an uns als Haushaltsgesetzgeber ein deutlicher Aufruf!

Sehr geehrte Damen und Herren,

das 9-Euro-Ticket hat die Bereitschaft der Menschen zum Umstieg auf Bus und Bahn gezeigt. Es hat aber auch die großen Investitionsbedarfe in den öffentlichen Nahverkehr offenbart. Neben dem Bund müssen wir auch in Thüringen viel größere Anstrengungen unternehmen, die notwendigen Investitionen zu ermöglichen und das Angebot insbesondere auch im ländlichen Raum zu verbessern. Nur so werden wir die Ziele der Verkehrswende erreichen und Menschen eine echte Mobilitätswahl ermöglichen.

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