Rede

Geschechtsspezifische Gewalt verhindern – Instanbul-Konvention in Thüringen umsetzen

05.06.2021

am 11. Mai 2011 wurde das Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt in Istanbul unterzeichnet. Daher hat sie den Namen Istanbul-Konvention erhalten. Am nächsten Dienstag wird diese Istanbul-Konvention also 10 Jahre alt.

Sie war damals wegweisend und ist es immer noch, denn sie enthält umfassende Verpflichtungen zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, von häuslicher Gewalt, zum Schutz der Opfer und zur Bestrafung derjenigen, die gewalttätig werden. Und vor allem enthält sie Maßnahmen in allen Lebensbereichen.

 

Wenn Sie die Istanbul-Konvention durchgehen, dann stoßen Sie z.B. auf Artikel 17. Dieser betrifft die Beteiligung des privaten Sektors und der Medien. Er enthält einerseits die Ermutigung für Medienhäuser, Normen der Selbstregulierung wie einen Gewaltkodex festzulegen und andererseits – unter explizitem Verweis auf die Presse- und Meinungsfreiheit – die Ermutigung, sich an der Ausarbeitung & Umsetzung von politischen Maßnahmen gegen Gewalt zu beteiligen. Dieser Artikel macht klar, wie umfassend die Istanbul-Konvention ist – und dass kein Bereich davon ausgenommen ist, sich Gedanken darüber zu machen, wie sie zu einem sicheren und gewaltfreien Leben für Frauen beitragen können.

Die Medien und Presse sind hier nicht unbedeutend, weil sie durch ihre Berichterstattung mitentscheiden, ob und wie das Thema Gewalt auf die gesellschaftliche Agenda gerät. So hat die österreichische Medienanalytikerin Maria Pernegger festgestellt, dass häufig verharmlosend als „Familientragödie“ oder „Eifersuchtsdrama“ berichtet wird. Gerade in den voyeuristischen Medien wird Gewalt gegen Frauen außerdem oft als Einzelfall dargestellt – statt als das strukturelle Problem, das es ist.

Allerdings muss die Politik natürlich auch aus der Berichterstattung was machen. Das Beispiel Österreich zeigt, dass auch hier die Sensibilisierung für dieses Thema häufig fehlt. In Österreich gab es 2018 einen traurigen Negativrekord an Femiziden. 41 Frauen wurden in diesem Jahr umgebracht, was für so ein kleines Land extrem viel ist. Dazu hat Maria Pernegger folgendes festgestellt: „Trotz dieser extremen Häufung an Femiziden hat sich die Politik in Österreich fast überhaupt nicht mit dem Thema Gewalt gegen Frauen auseinandergesetzt. Stattdessen haben sie sich intensiv mit dem Thema Kopftuch beschäftig“ Dieses Beispiel ist leider symptomatisch für den Umgang mit häuslicher Gewalt, das entweder als Problem kleingeredet wird oder rassistisch aufgeladen immer wieder als ein Problem nur von Migrant*innen dargestellt wird – wodurch die eigene Verantwortung schön weit von sich geschoben wird. Dabei ist klar: Häusliche Gewalt kommt entgegen vielen Vorurteilen in allen sozialen Schichten und Altersklassen und Milieus gleichermaßen vor.

 

Die Istanbul-Konvention beinhaltet also viele wichtige Maßnahmen.  Auch Deutschland hat neben 33 anderen EU-Staaten die Istanbul Konvention unterzeichnet und am 1. Februar 2018 ratifiziert, das heißt rechtskräftig gemacht. Seitdem gilt sie als völkerrechtlich bindender Vertrag auch in Thüringen und ist umzusetzen.

Dazu gehört der Ausbau der Frauenhausplätze auf das Maß wie es die Istanbul-Konvention vorschreibt.  Dieser Ausbau muss unabhängig vom aktuellen Bedarf passieren.  Schließlich würde man auch  bei der Feuerwehr nicht gleich das Feuerwehrauto verkaufen, nur weil es mal drei Wochen lang keinen Einsatz gab. Ich möchte auch gerne noch mal betonen, dass wir in unserem Antrag der rot-rot-grünen Fraktionen vom schnellen Ausbau schreiben. Wir sind als Fraktion jedenfalls gerne dazu bereit darin zu unterstützen, die Verantwortung der Frauenhäuser in Verantwortung des Landes zu legen, um eben in allen Landkreisen und Landesteilen ein Angebot sicherstellen zu können.

Ganz zentral ist aus bündnisgrüner Sicht auch, dass nicht nur neue Plätze geschaffen werden, sondern auch die Personalausstattung so gestärkt wird, dass die Mitarbeiter*innen nicht nur mit organisatorischen Aufgaben überlastet sind, sondern auch Zeit für fachliche Beratung haben. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass auch trans* und inter* Personen Zugang zu Schutzwohnungen haben.

 

Mit diesem Antrag legen wir heute als rot-rot-grüne Fraktionen einen Leitplan vor, wie die Istanbul-Konvention in den nächsten Jahren in Thüringen umgesetzt werden kann. Dazu soll ein umfassender Aktionsplan erarbeitet werden und bei allen Maßnahmen immer die Bedarfe von Menschen mit Behinderungen beachtet werden.

Denn diese sind einem besonderen Risiko ausgesetzt, Opfer von Gewalt zu werden.

Es gehört aber auch dazu, Kinder als mittelbare Opfer von Gewalt nicht außer Acht lassen. Unser Ziel ist eine bedarfsgerechte Ausgestaltung und finanzielle Absicherung des spezialisierten Unterstützungssystems für von Gewalt betroffene Menschen.

 

Als Fraktion machen wir uns abschließend auch besonders für einen Opferfonds für Gewaltbetroffene stark. Denn je nach individueller Situation können sich Kosten für Schutzangebote, Strafverfolgungsmaßnahmen und Prozesskosten schnell auf über 10.000€ summieren.  Allerdings sollte nicht das Gewaltopfer diese Kosten tragen müssen, sondern wir wollen, dass diese auf die Täter*innen umgelegt werden. Denn wo das moralische Gebot, seine  Frau nicht zu belästigen, nicht hilft, hilft manchmal leider tatsächlich das Finanzielle.

 

Sie sehen, wir haben also noch einen Weg vor uns und daher möchte ich zum Schluss mich auch bei der CDU-Fraktion für den konstruktiven Austausch zu diesem Antrag und ihre Zustimmung bedanken, sodass die vielen Maßnahmen nun angegangen werden können.

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