Rede

Thüringer Wirtschaft auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützen – Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigen

82. Plenarsitzung, 08. Juni 2022, TOP 23c): “Thüringer Wirtschaft auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützen – Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigen” (DS 7/5579)


Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen und Zuschauer*innen am Livestream,

das Ziel, für unsere Kinder und Enkel noch eine lebenswerte Welt zu hinterlassen, sollte eigentlich Antrieb genug für uns sein, die CO2-Emissionen so schnell wie möglich zu senken. Denn 2,5 Grad Erderhitzung, die z.B. Menschen meiner Altersgruppe noch erleben werden, bedeuten in der Zukunft u.a. mehr und längere Hitzewellen, Überschwemmungen und Ernteausfälle.

Aber die Gefahr der Klimakrise schlägt sich eben nicht „nur“ in Gesundheitsgefahren nieder. Sie lässt sich auch in ganz banalen volkswirtschaftlichen Zahlen erkennen. Nicht umsonst hat der vom Weltwirtschaftsforum 2020 in Auftrag gegebene »Global Risk Report« den menschenverursachten Klimawandel als die größte Bedrohung der globalen Ökonomie gewertet: Neuesten Schätzungen zufolge könnte die Wirtschaftsleistung bis Ende des Jahrhunderts weltweit um 37 Prozent sinken.

Die deutsche Wirtschaft könnte in den kommenden 50 Jahren durch die Klimakrise Schäden in Höhe von 730 Milliarden Euro erleiden, wenn Politik, Wirtschaft und Bevölkerung nicht rechtzeitig gegensteuern.

In den kommenden Jahren würde der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft der Studie zufolge das Wachstum dämpfen. Die Kosten fallen jedoch umso geringer aus, je früher die Klimakrise bekämpft wird. Im Jahr 2070 werde es im Vergleich zum Nichtstun 830.000 Arbeitsplätze mehr geben. Die positive Entwicklung ergibt sich zum einen durch das Ausbleiben von Schäden, zum anderen aus wirtschaftlichen Chancen wie neuen Technologien, vor allem im Bereich der Erneuerbaren Energien.

Ich zitiere hier beispielhaft aus dem mdr den Inhaber des in Thüringen ansässigen Familienbetriebs Heinz-Glas: „Also wenn wir genügend grünen Strom bekommen, dann können wir mit unseren größten Mitbewerbern – die sitzen in Frankreich – gegen deren Atomstrom mithalten“.

„Investiert werden muss jetzt, sagen sie bei Heinz-Glas. Ihre Perspektive: Weg vom Gas! Hin zu Öko-Strom! Möglichst aus regionaler Erzeugung. Vielleicht sogar mit selbstproduzierter Windkraft.“

Carletta Heinz, die Chefin, bringt es so auf den Punkt: “Wir haben vor, den ersten, also weltweit ersten Glasproduktions-Standort zu schaffen, der auf Gas komplett verzichten kann.”

Das ist Thüringer Innovationsgeist, meine Damen und Herren!

 

Die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Thüringen hängt also auch gerade für energieintensive Unternehmen von einem schnellstmöglichen Umbau auf ein 100% Erneuerbares Energiesystem ab. Von der Thüringer CDU und FDP haben wir bisher leider noch nicht ein einziges Mal ein klares Bekenntnis zu diesem Umbau gehört. Die Thüringer Wirtschaft braucht aber dieses Bekenntnis aus der Politik. Denn die Investitionen in einen erfolgreichen Transformationsprozess brauchen Planungssicherheit. Nur so können Wirtschaft und Menschen in Thüringen an der Wertschöpfung beim Ausbau der Erneuerbaren profitieren.

Dass die klimawandelleugnerische AfD nicht in der Lage ist, dem für Mensch und Natur überlebenswichtigen Klimaschutz etwas Positives abzugewinnen, ist wenig überraschend. Bei ihr wird die Dekarbonisierung einfach mit Deindustrialisierung gleichsetzt. Das eigentliche Problem in Thüringen liegt aber darin, dass leider auch die demokratische Opposition in diesem Landtag zu fast gleichlautenden Einschätzungen kommt.

So hat der Fraktionsvorsitzende der CDU die klimapolitischen Pläne von Bundesminister Habeck – Zitat als „ein volkswirtschaftliches Großexperiment, das zur Deindustrialisierung führt“ bezeichnet. Und diese Grundhaltung zieht sich dann leider durch das gesamte energiepolitische Handeln dieser Fraktion.

Dabei leistet jedes neue Windrad und jede neue Solaranlage einen Beitrag zu Frieden, Energieunabhängigkeit und regionaler Wertschöpfung. Produktionsunternehmen, für die die Verfügbarkeit von grünem Strom ein Standortfaktor ist, siedeln sich mittlerweile ganz bewusst, wie Intel in Sachsen-Anhalt, an. Thüringen droht wirtschaftlich massiv abgehängt zu werden, wenn wir nicht bald aus dem Windkraftloch rauskommen.

Als Landespolitik müssen wir deshalb endlich die Hemmnisse beseitigen, die diesen Investitionen entgegenstehen. Im Interesse der Thüringer Wirtschaft und aller Thüringer*innen hoffen wir auf ein klares Bekenntnis für den klimaneutralen Umbau von allen demokratischen Fraktionen in diesem Landtag.

Denn: wer die Transformation bremst, beschleunigt die Krise.

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