Rede

Energiewende-Rechner für Thüringen zeigt: klimaneutrales, kostengünstiges und versorgungssicheres Energiesystem ist möglich

71. Planarsitzung, 02. Februar 2021, TOP 25e): Meine Rede zur Aktuelle Stunde zum Energiewenderechner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN


Energiewende ist ein großes Wort – weil auch die damit verbundenen Herausforderungen groß sind. Gemeint ist die Umstellung unseres Energiesystems – das nach wie vor allem auf fossilen Energieträgern beruht – auf vollständig erneuerbare Quellen wie die Solar- und Windkraft.

Das ist ein tiefgreifender Transformationsprozess, der viele Bereiche betrifft. Und deshalb diskutieren nicht nur wir hier im Landtag, sondern auch in den Kommunalgremien, in den Unternehmen und am Abendbrottisch die Menschen in Thüringen Fragen wie diese:

Kann mit erneuerbaren Energien zu jeder Zeit die Versorgungssicherheit gewährleistet werden, die für eine Industriegesellschaft wie die unsere unabdingbar ist?

Sind die Kosten für die Umstellung auf Erneuerbare vor allem auch unter sozialen Gesichtspunkten wirklich beherrschbar?

Und was heißt Energiewende eigentlich ganz konkret für unseren Freistaat Thüringen?

Es sind große Fragen und deshalb sind wir als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehr dankbar, dass uns seit letzter Woche eine Studie der Hochschule Nordhausen vorliegt, die Antworten gibt. Damit steht uns nun für Thüringen eine Datengrundlage zur Verfügung, auf der wir Abgeordnete unsere energiepolitischen Entscheidungen noch fundierter treffen können.

Zunächst stellt sich ja die Frage, warum die Energiewende überhaupt notwendig ist? Die Studie von Prof. Dr. Wesselak gibt hier eine ganz klare Antwort. Dreiviertel der CO2-Emissionen sind energiebedingt – werden also verursacht, weil unser Energiesystem nach wie vor auf fossilen Energieträgern Öl, Gas und Atomkraft beruht. Nur wenn wir es schaffen, diese durch regenerative Quellen zu ersetzen, können wir die Treibhausgasemissionen wirksam genug senken, um die Klimakrise noch abzumildern.

Die Berechnungen der Hochschule Nordhausen zeigen, wie die Versorgungssicherheit in Thüringen zu jeder Jahres- und zu jeder Tageszeit gewährleistet werden kann. Mit dem Energiewenderechner kann also schwarz auf weiß dokumentiert werden, dass die ewige Mär von befürchteten Black-Outs unbegründet ist.

Dafür gibt es eine Voraussetzung: Alle Szenarien der Studie zeigen, dass ein schneller Ausbau von Windkraft und Photovoltaik notwendig ist. Konkret bedeutet dies bis 2030 eine Verdreifachung der installierten Leistung von Photovoltaik und Windkraft in Thüringen.

Tun wir dies, und das ist ein ermutigendes Ergebnis der Modellierung, dann werden sich die Gesamtkosten für den Umbau des Energiesystems auch nicht erhöhen. Die Gesamtkosten des Thüringer Energiesystems würden sich genau wie bisher auf einem Niveau von 2 Milliarden Euro jährlich belaufen.

Das wissenschaftliche Team zeigt also klar auf: Richtig gemacht, kostet Klimaschutz überhaupt nicht mehr – anders als es Konservative und Rechte in populistischen Kampagnen immer wieder zu behaupten versuchen. Ganz im Gegenteil: die Kosten des Systems bleiben gleich, aber DAZU kommen noch zusätzliche Steuereinnahmen und zusätzliche Arbeitsplätze, weil wir die Energie nicht mehr aus Fernost oder Russland importieren, sondern sauber und naturverträglich bei uns vor Ort – hier in Thüringen herstellen.

Deshalb müssen wir endlich Gas geben und dafür sorgen, dass bis 2030 der Windkraftausbau verdreifacht und jedes geeignete Dach mit Photovoltaik belegt ist.

Doch bis dahin sind es gerade einmal noch acht Jahre. Mit dem derzeitigen Tempo bei den Planungs- und Genehmigungsverfahren ist dieses Ziel nicht zu erreichen. Wir haben also keine Zeit zu verlieren.

Auf ein weiteres, sehr wichtiges Ergebnis aus der Modellierung möchte ich abschließend noch hinweisen. Ein kostenoptimales Energiesystem ist auf einen gleichmäßigen Ausbau der beiden wichtigsten Erneuerbaren Energieträger Windkraft und Photovoltaik angewiesen. Bleibt die Windkraft auf 1% der Landesfläche beschränkt, dann liegen Gesamtkosten bei diesem Szenario höher. Die Fraktionen, die hier im Land ständig Stimmung gegen Windenergie machen, sollten also konsequenterweise auch mal damit anfangen ihren Wähler*innen zu erklären, dass ihre Blockade des Windkraftausbaus für unsere Gesellschaft mittelbar höhere Energiekosten bedeutet.

Als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN appellieren wir mit dieser Aktuellen Stunde daher an alle demokratischen Fraktionen. Nutzen wir die Chancen, die uns das vorliegende Rechenmodell bietet. Lassen Sie uns gemeinsam den Weg in eine klimaneutrale Zukunft für unseren Freistaat beschreiten und gestalten.

Diese Zukunft ist versorgungssicher.

Sie ist bezahlbar.

Und Sie ist machbar.


 

➡️➡️➡️ Alle Informationen zum Energiewende-Rechner, Forschungsdaten sowie die Ergebnisse des Energiemodellierungssystems zum Download sind hier zu finden … ⬅️⬅️⬅️

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